Rund um die KHW

April 2016 | Presseinformation

Nachwuchs-Debatte beim ersten Handwerkergespräch 2016

„Die Attraktivität des dualen Ausbildungssystems hat in den vergangenen Jahren stark nachgelassen – zu Unrecht!“, weiß Ulrich Ziegelthaler, Leiter des Amtes für berufliche Schulen der Stadt Nürnberg. „Die Real- und Mittelschulen bringen nicht mehr genügend ausbildungswillige und -fähige junge Menschen in den Arbeitsmarkt ein“, so der Experte. Damit spricht er ein Problem an, das die Innungsobermeister und -obermeisterinnen des Handwerks in Nürnberg nur zu gut kennen. Woher kommt gegenwärtig und insbesondere in Zukunft geeigneter Nachwuchs für die Betriebe in der Region? Das erste Handwerkergespräch 2016 der Kreishandwerkerschaft Nürnberg Stadt und Land bot Gelegenheit zum Austausch in lockerer Runde.

Immer mehr junge Menschen würden sich für ein Studium und gegen die Ausbildung entscheiden, so Ziegenthaler. „Jeder zweite Hochschulzugang kommt heute über den beruflichen Bildungsweg. Dafür gibt es allerdings auch deutlich mehr Abbrecher als früher.“ Gleiches gelte auch für die Ausbildung. „In der Gastronomie liegt die Abbrecherquote teils bei einem Drittel. Und auch in vielen gewerblich-technischen Berufen verzeichnen wir dieses Problem.“ Den Grund dafür sieht Ziegenthaler insbesondere darin, dass die Schülerinnen und Schüler sich vorab nicht ausreichend über die Ausbildung informiert haben. Kreishandwerksmeister Achim Hanisch appelliert an dieser Stelle an die anwesenden Handwerksmeister: „Wir müssen aktiv werden und die Dinge selbst in die Hand nehmen.“ Fördern statt fordern sei hier die Devise.

Könnte in der nicht abreißenden Flüchtlingswelle eine Lösung für die Nachwuchs-Problematik liegen? 60 Flüchtlingsklassen wird es in den Nürnberger Berufsschulen bis zum Herbst 2016 geben. 1.100 Schüler, von denen viele wirklich arbeiten wollen. „Das erste Berufsschuljahr ist für alle jungen Menschen zwischen 16 und 21 Jahren Pflicht!“, sagt Ulrich Ziegenthaler. „Das zweite Jahr ist ein Angebot, das leider nicht von allen angenommen wird.“ Und auch danach seien viele noch nicht ausbildungsreif. „Kaum eine Stadt in Bayern macht so viel wird Nürnberg“, bestätigt der Leiter des Amtes für berufliche Schulen. „Aber auch wir stoßen irgendwann an Grenzen.“

Die Schwierigkeit liege insbesondere in den sprachlichen Kompetenzen.  Hier wird deshalb in den zwei Schuljahren an der Berufsschule der Schwerpunkt gesetzt. „Dass jemand dann beim Bäcker seine Brötchen kaufen kann, heißt aber eben lange noch nicht, dass er in einem Ausbildungsbetrieb die technischen Begriffe versteht“, sagt Ziegen-thaler.

Viele Baustellen für die nächsten Jahre! Das wurde beim Handwerkergespräch im Goldenen Posthorn deutlich. Genau deshalb seien Veranstaltungen wie diese auch so wichtig, weiß Achim Hanisch. „Wir dürfen die Schwierigkeiten nicht aussitzen. Es wird immer schwerer, in der deutschen Wirtschaft zu bestehen. Deshalb müssen wir miteinander sprechen, um Lösungen zu entwickeln und auf Missstände aufmerksam zu machen.“

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